Erbrecht in der Türkei: Einführung Internationales Erbrecht*

erbrecht beratung tuerkei buchErbrechtliche Angelegenheiten mit Türkeibezug spielen zunehmend auch in Deutschland eine große Rolle. Unsere Rechtsanwälte haben sich frühzeitig auf die Beratung über das türkische Erbrecht spezialisiert und beraten sie umfassend über das türkische Erbrecht.

Unsere Beratungsfelder umfassen insbesondere folgende erbrechtliche  Bereiche:

  • Sie wollen den Nachlass in der Türkei regeln

  • Sie brauchen einen türkischen Erbschein

  • Sie wollen herausfinden, ob für den Nachlass türkisches Erbrecht Anwendung findet

  • Sie wollen die erbrechtliche Auseinandersetzung vermeiden bzw. brauchen hierzu rechtliche Beratung

  • Sie vertrauen Ihren Angehörigen in der Türkei nicht und wollen die erbrechtliche Auseinandersetzung überwachen bzw. von Deutschland aus steuern und regeln

  • Sie wollen das Vermögen (den Nachlass in der Türkei) verwerten bzw. veräußern

Sie können uns von überall in Deutschland mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen. Durch unsere Kooperationspartner in der Türkei können wir die Angelegenheit regeln, ohne dass Sie in die Türkei reisen müssen. Hierdurch können erhebliche Reisekosten erspart werden.

Nähere Informationen über das türkische Erbrecht finden Sie unter Publikationen "türkisches Erbrecht".

 

Einführung: Internationales Erbrecht

Die nachfolgenden Informationen geben eine kurzen Überblick über das internationale Erbrecht.

Für das Erbrecht bestimmt Art. 25 Abs.1 EGBGB, dass die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates unterliegt, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte (Rn.11).

 

 

Beispiel: Der französische Staatsangehörige E stirbt und hinterlässt Vermögen in Frankreich, Deutschland und Italien.

Aus deutscher Sicht kommt zunächst französisches Recht zur Anwendung (Art.25 Abs.1 EGBGB als Gesamtverweisung, somit auch dessen IPR).

Das deutsche Recht geht von Grundsatz der Nachlasseinheit aus.

Die Verweisung des Art.25 Abs.1 EGBGB ist eine Gesamtverweisung, d.h. es wird auf das gesamte ausländische Recht mit IPR und Sachnormen verwiesen. Daraus folgt, dass das IPR des Auslandstaates zur Anwendung kommt. Somit muss dessen IPR darauf untersucht werden, ob nicht eine Zurückweisung zum deutschen IPR vorliegt. Sofern das ausländische Recht ebenfalls auf die Staatsangehörigkeit abstellt, nimmt das ausländische Recht die deutsche Verweisung an und es wird ausländisches Recht – das Recht des Staates der die Verweisung angenommen hat – angewendet (sog. Erbstatut)

Wenn aber das ausländische IPR nicht auf die Staatsangehörigkeit abstellt, sondern auf andere Anknüpfungsmerkmale als die Staatsangehörigkeit wie z.B. Wohnsitz, Domizil, gewöhnliche Aufenthalt einer Person oder Belegenheitsort einer Sache abstellt, so kann es zu einer Weiterverweisung , Rückverweisung oder zur Anwendung des Rechts des Heimatstaates kommen.

 

Beispiel: Der in Deutschland lebende Franzose E stirbt in Frankreich. Er hat ein Hausgrundstück in Frankreich und ein Haus in Italien.

Nach Art.25 Abs.1 EGBGB ist (wegen Staatsangehörigkeit) das französische Recht anzuwenden (Gesamtverweisung). Französisches IPR knüpft  bei beweglichen Sachen an das Recht des letzten Wohnsitzes des Erblassers und bei Immobilien an das Recht des Belegenheitsorts an. (Rn.17)

Ergebnis: Für den gesamten beweglichen Nachlass wird deutsches Erbrecht angewendet. Das Grundstück in Frankreich nach französischem Recht und das Haus in Italien nach italienischem Recht (es ist davon auszugehen, dass das italienische Recht die Verweisung der französischen IPR annimmt und nicht weiter verweist). 

Statut: Die Rechtsordnung, deren Sachnormen anzuwenden sind, ist das Statut. Der Begriff wird im internationalen Privatrecht in unterschiedlichen Zusammensetzungen verwendet. Personalstatut, Realstatut und Handlungsstatut bezeichnen den Grund, weswegen eine Rechtsordnung maßgebend sein soll. Z.B. ist unter Personalstatut die Rechtsordnung zu verstehen, mit der eine Person im Bereich des Personen-, Familien-, und Erbrechts mit dieser Rechtsordnung verbunden ist, sei es durch die Staatsangehörigkeit (persönliche Anknüpfungspunkt) sein es durch den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (sachliche Anknüpfungspunkt).

Erbstatut ist auf den Erbfall anzuwendende Rechtsordnung. Nach Art.25 Abs.1 EGBGB ist das Erbstatut  vom Personalstatut (also Staatsangehörigkeit) abhängig.

Aus deutscher Sicht (IPR) spielt der letzte Wohnort oder der Aufenthaltsort keine Rolle. Hat der deutsche Erblasser im Ausland gewohnt und befindet sich der Nachlass im Ausland wird er grundsätzlich nach deutschem Recht beerbt (Grundsatz der Nachlasseinheit). Allerdings wird bei ausländischen Vermögen des Deutschen das ausländische IPR respektiert, vgl. Art.3 Abs.3 EGBGB. D.h. wenn das ausländische IPR für das dortige Vermögen besondere Vorschriften enthält, haben diese Vorschriften Vorrang.

 

Beispiel: Ein Deutscher hat ein Grundstück in Rumänien.

Die Erbfolge richtet sich nach deutschem Recht (Art.25 Abs.1 EGBGB). Das Rumänische IPR hat aber für unbewegliche Vermögen Sonderregelungen. Diese Sonderregelungen werden vom deutschen IPR respektiert Art.3 Abs.3 EGBGB). Folglich wird für das unbewegliche Vermögen in Rumänien das rumänische Recht angewendet.  In dem vom deutschen Nachlassgericht erteilten Erbschein wird vermerkt, dass er sich nicht auf den in Rumänien belegenen unbeweglichen Nachlass erstreckt, da insoweit an der internationalen Zuständigkeit des deutschen Gerichts fehlt (Rn. 22).

 

Es gibt im deutschen IPR einige Regelungen, die stets auf die Staatsangehörigkeit des Betroffenen abstellen, so. z.B.

  • Rechtsnachfolge von Todes wegen Art.25 Abs.1 EGBGB

  • Güterrecht Art.15 Abs.1, 14 Abs.1 EGBGB

  • Die Ehewirkung Art. 14 Abs.1 Nir.1 EGBGB

  • Die Eheschließung Art 13 Abs.1 EGBGB

  • Die Ehescheidung  Art 17, 14 Abs.1 Nr.1 EGBGB

  • Die Rechts und Geschäftsfähigkeit Art.7 Abs.1  EGBGB

 

Immer wenn an die Staatsangehörigkeit angeknüpft wird, muss dies vom Amts wegen geprüft werden.

 

Doppelte Staatsangehörigkeit: Hat der Erblasser neben der  deutschen Staatsangehörigkeit auch eine ausländische, so bestimmt Art.5 Abs.1 EGBGB, dass deutsches Recht Anwendung findet. Allerdings ist zu beachten, ob das ausländische Recht (dem der Nachlasser neben der deutschen Staatsangehörigkeit angehört) das eigene Recht favorisieren kann. Es kann dann zur international widersprechenden Entscheidungen zur Folge haben.

 

Für internationale Flüchtlinge und Verschleppte gilt nach Art.12 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) vom 27.07.1951 i.V.m. Art. 1 des Protokolls v. 31.01.1967 das Personalstatut durch den Wohnsitz bzw. hilfsweise der gewöhnliche Aufenthaltsort. Dabei ist der Wohnsitz nach der lex fori (d.h. bei der Anwendung des Abkommens in Deutschland nach deutschem Recht) zu bestimmen.

Die gleiche Rechtsstellung wie die Flüchtlinge gem. Art.1 Genfer Flüchtlingskonvention genießen auch im Rahmen von humanitären Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (sog. Kontingentflüchtlinge) sowie nach §§ 2, 3 AusylverfahrensG vom 26.02.1992 anerkannte Asylberechtigte. Sofern noch keine Anerkennung vorliegt, können die Voraussetzungen der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen.

 

Die Wahl des Erbstatuts (d.h. welches Recht anzuwenden ist)  durch den Erblasser (subjektives Erbstatut)

Der Erblasser kann das für die Erbfolge maßgebliche Recht nicht frei wählen. Als Ausnahme hierzu lässt Art.25 Abs.2 EGBGB eine beschränkte Auswahlmöglichkeit zu.

Nach dieser Vorschrift kann der Erblasser durch eine Verfügung von Todes wegen für die im Inland belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Recht wählen.  Es kann also nur für

  • Im Inland

  • Unbewegliches Vermögen

  • Deutsches Recht

gewählt werden. Ein ausländisches Recht kann nicht gewählt werden. Es muss sich auch um unbewegliches Vermögen handelt. Die Wahl des Rechts muss sich auf deutsches Recht beziehen. Wird entgegen diesen Bestimmungen dennoch was anderes Gewählt ist die Wahl unbeachtlich und somit ohne Wirkung. Ferner hat die zulässige Wahl keine Auswirkungen, wenn der Art.25 Abs.1 EGBGB auf ausländisches Recht verweist, dieses aber wieder auf deutsches Recht verweist. Insofern hätte man die Wahl sich „sparen“ können, da sowieso deutsches Recht angewendet wäre. Eine Bedeutung hat die Rechtswahl nur bei den Ausländern.

(Sonderproblem: Deutschland erkennt grundsätzlich nach z.B. italienischen Recht zulässige Rechtswahl an (z.B. Italiener wählt die Anwendung des deutschen Rechts für sein gesamtes Vermögen, wodurch auch sein bewegliches/unbewegliches Vermögen in Italien und in Deutschland nach deutscher Rechtnachfolgeregelungen behandelt werden). Was wäre aber passiert, wenn der Italiener die Anwendung des italienischen Rechts gewollt hätte? Hätte Deutschland dies ebenfalls anerkannt? )

Zu beachten ist aber, dass die Rechtswahl nach Art.25 Abs.2 EGBGB grundsätzlich nur in Deutschland anerkannt wird, im Ausland nur dann, wenn das ausländische IPR auf das deutsche IPR verweist oder aber wenn der ausländische Staat auch eine Rechtswahl vorsieht. Besteht keine Verweisung auf das deutsche IPR oder aber sieht der ausländische Staat keine Wahlmöglichkeit vor, so ist die Rechtswahl in Deutschland dennoch gültig (nur im Ausland ist sie ungültig). Hieraus ergeben sich jedoch Entscheidungsdivergenzen. Da für  die Erbfolge unterschiedliche Rechtsordnungen angewendet werden – je nachdem welches nationale  Gericht gerade befasst ist, kommt es zu einem sog. hinkendem Rechtsverhältnis, womit die Gefahr des Forum Shopping besteht (jeder Beteiligte kann für ihn günstigeres Gericht (forum) anrufen).

 

Teilrechtswahl: Zulässig ist die Wahl des deutschen Rechts für Teile eines unbeweglichen Vermögens (z.B. einzelne Grundstücke. Beispiel. Der X-Nation will, dass für seine Grundstücke am Bodensee deutsches Recht angewendet werden soll – es sei hier unterstellt, dass die anderen Grundstücke sich nach italienischem Recht zu behandeln wären).

Nicht möglich ist aber die Wahl nur einige Gesetze (Komplexe) des deutschen Erbrechts, z.B. der Erblasser will, dass hinsichtlich des Pflichtteils deutsches Recht angewendet werden soll. Dies ist nicht zulässig, da das deutsche Recht im Ganzen gewählt werden kann und nicht nur Teile hiervon.

 

*Quelle: Kesen/Schömmer, Internationales Erbrecht Türkei

Begriffe:

Belegenheitsrecht: Wenn für den Nachlass und Erbstatut die  Belegenheit eine Rolle spielt (lex rei sitae).